Karsten on the Business of Software et al.

Sehr geehrte Frau Hausen,

heute wendet sich unser neuer Chief of Enlightement Officer (CEO) B. Scheidt mit einer persönlichen Nachricht an Sie:

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Schwestern und Brüder! Ihr erfahrt mit diesem Mail Geschichte.
Ich, Euer spiritueller Officer, wurde durch die flammenden Herzen auf den Firmenwänden  zur Gründung einer neuen Religion berufen: Sie heißt Turmsturm.


Gleich dem zweiten Teil im Rosenroman von Jean de Meung geht es heutzutage nicht darum, wie im ersten Teil, zu schmachten und zu sehnen. Brennende Herzen wollen ja nicht brennen, sondern gelöscht werden.


Das großartige Erstarken der Erotikindustrie in den letzten zwei Jahrzehnten hat deutlich gezeigt, dass es darum geht, nur noch dem Trieb zu folgen, um zu einer höheren Seinsstufe zu gelangen.
Mein Aufruf an Euch, Schwestern und Brüder: Vergesst alle Empfindungen und erstürmt die Türme der Tugend, bis ihr bewusstseinslos werdet!
Denkt vorher bitte daran, die gesondert versendete Lastschrifteinzugsermächtigung in das Zentrum der Erleuchtung zu schicken.
Ich werde Euch stürmen!

"

Gemäß dem Grundgesetz fördern wir die Religionsfreiheit und berechnen den Erleuchtungsfaktor (Multiplikationsfaktor x3,33). Sie können hiergegen keine Verfassungsbeschwerde einreichen.


Hier Ihr Gedicht:
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Die Wollust.

1.
Die Wollust bleibet doch der Zucker dieser Zeit /
Was kan uns mehr / denn sie / den Lebenslauf versüssen?
Sie lässet trinckbar Gold in unsre Kehle fliessen /
Und öffnet uns den Schatz beperlter Liebligkeit;
In Tuberosen kan sie Schnee und Eiß verkehren /
Und durch das gantze Jahr / die FrühlingsZeit gewehren.

2.
Es schaut uns die Natur als rechte Kinder an /
Sie schenckt uns ungespart den Reichthum ihrer Brüste /
Sie öffnet einen Saal voll zimmetreicher Lüste /
Wo aus des Menschen Wunsch Erfüllung quellen kan.
Sie legt als Mutter uns / die Wollust in die Armen /
Und läst durch Lieb und Wein den kalten Geist erwarmen.

3.
Nur das Gesetze wil allzu Tyrannisch seyn /
Es zeiget iederzeit ein widriges Gesichte /
Es macht des Menschen Lust und Freyheit gantz zunichte /
Und flöst vor süssen Most uns Wermuthtropffen ein;
Es untersteht sich uns die Augen zuverbinden /
Und alle Liebligkeit aus unser Hand zuwinden.

4.
Die Ros' entblösset nicht vergebens ihre Pracht /
Jeßmin wil nicht umsonst uns in die Augen lachen /
Sie wollen unser Lust sich dienst- und zinsbar machen /
Der ist sein eigen Feind / der sich zu Plagen tracht;
Wer vor die Schwanenbrust ihm Dornen wil erwehlen /
Dem muß es an Verstand und reinen Sinnen fehlen.

5.
Was nutzet endlich uns doch Jugend / Krafft und Muth /
Wenn man den Kern der Welt nicht reichlich wil genüssen /
Und dessen Zuckerstrom läst unbeschifft verschüssen /
Die Wollust bleibet doch der Menschen höchstes Guth /
Wer hier zu Seegel geht / dem wehet das Gelücke /
Und ist verschwenderisch mit seinem Liebesblicke.

6.
Wer Epicuren nicht vor seinen Lehrer hält /
Der hat den Weltgeschmack / und allen Witz verlohren /
Es hat ihr die Natur als Stiefsohn ihn erkohren /
Er mus ein Unmensch seyn / und Scheusaal dieser Welt;
Der meisten Lehrer Wahn erregte Zwang und Schmertzen /
Was Epicur gelehrt / das kitzelt noch die Hertzen.


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Mit freundlichen Grüßen

Customer Service


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